06.03.2014, 10:30 Uhr

Wie die Empa ihre Telefonanlage abbaute

An der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa telefonieren die Mitarbeiter neu ausschliesslich via PC. Die veraltete Nortel-Anlage ist unterdessen abgebaut.
Als die Empa in St.Gallen den Lync-Server aufgestartet hatte, konnten die Dect-Sender abgeschaltet werden
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa hat eine über 100-jährige Tradition. Fast ebenso lange kommunizieren die Mitarbeiter per Telefon. Vor rund vier Jahren stand ein Update der Telefonanlage an. An drei Standorten der Empaund des Schwesterinstituts Eawag waren Anlagen von Nortel im Einsatz, die hohe Kosten verursachten. Dass einige Nutzer ungern auf den Telefonapparat verzichten würden, war der IT rund um Thomas Gusset, Lync Engineer bei der Empa, klar. «Grundvoraussetzung war: Die neue Anlage musste die gleichen Funktionen wie beim gewohnten Telefon mitbringen», erinnert sich Gusset. In die Auswahl kamen Produkte von Cisco und Microsoft. «Cisco ersetzt das Telefon allerdings nur durch ein IP-Gerät und ergänzt es mit einem Soft-Client für den PC», erläutert Gusset. «Bei Microsoft wird ausschliesslich mit dem Rechner telefoniert.» Damit würde sich die Empa den Ausbau der Infrastruktur für das zusätzliche IP-Netzwerk sparen. Ein weiterer Vorteil war die Anbindung von Lync an Exchange und Outlook, die eine homogene Bedienung versprach. Daher entschied sich die IT, die Microsoft-Lösung zu testen. Um zu ermitteln, wie die Mitarbeiter mit einer Telefonie-Software zurechtkommen, migrierte das IT-Team den kleinsten Standort mit 60 Angestellten im Sommer 2011 auf Lync. Ein Jahr lang wurden die Erfahrungen von Nutzern und IT-Abteilung gesammelt. «Die Anwender gewöhnten sich rasch um und gaben uns fast ausschliesslich positives Feedback», berichtet Gusset. Zudem zeigte sich: Mit dem Aufwand, den das Update der Telefonanlage bereitet hätte, konnte auch die PC-Lösung beschaffen werden. Nächste Seite: Kollaboration statt Telefonie So entschied die Empa im Herbst 2012, die Nortel-Anlage abzulösen und Lync Server 2013 einzuführen. Die Migration lief nach Plan. «Wir haben alle Nutzer in Lync eingepflegt und die Lync-Clients auf den PCs ausgerollt», erklärt Gusset. Die Mitarbeiter erlernten in Schulungen die Grundfunktionen und konnten aus fünf Modellen ihr künftiges Telefon wählen – entweder ein Handset oder eines von vier Headsets. Ende Juli 2013 wurden die alten Telefone eingesammelt. «Natürlich fehlte einigen das gewohnte Telefon», berichtet Gusset. «Aber wir hatten die Rückendeckung vom Management.» Heute stehen weder beim Empa-Direktor Gian-Luca Bona noch bei einem anderen Mitarbeiter noch herkömmliche Telefone auf dem Schreibtisch. Postfach als Anrufbeantworter Eingehende Anrufe werden mit einem Ton und einem Hinweis auf dem Desktop signalisiert oder mit einem Klingeln auf dem Handset. Nimmt ein Mitarbeiter das Gespräch nicht an, wird das Outlook-Postfach zum Anrufbeantworter: Die Voice-Mail-Funktion von Exchange zeichnet das Gespräch auf und schickt die Aufnahme ins Postfach. Vergebliche Anrufe sind jedoch selten geworden: Die Präsenzinformation von Lync zeigt, ob ein Kollege aktuell erreichbar ist. Steht die Anzeige auf Rot, hat er seinen Arbeitsplatz verlassen. Kommt er zurück, wechselt das Symbol auf Grün. «Oft werde ich angerufen, wenn ich gerade mal zwei Minuten am Platz sitze», berichtet Gusset. Auch die Kollegen an den anderen Standorten lassen sich so im Blick behalten. «Durch die Präsenzinformationen wachsen wir enger zusammen», erläutert Gusset. Daneben hat auch die IT-Abteilung weniger Arbeit. Bei einer Fluktuationsrate von jährlich rund 30 Prozent war das Onboarding früher recht aufwendig. «Heute erhalten neue Mitarbeiter die Telefonnummer im Paket mit E-Mail-Adresse und Netzwerkzugang», berichtet Gusset. Nächste Seite: Lync für Android und iPhone Da die Empa auch Labore betreibt, in denen mit Gefahrengut hantiert wird, sind auf dem Campus noch rund 300 «unpersönliche» Telefone installiert. Sie nutzen eine analoge Telefonleitung und sind über ATA-Adapter an Lync angebunden. Damit diese Notfalltelefone sauber funktionieren, musste der Implementierungspartner Axept Webcall Hand anlegen. «Normalerweise wird ein Notruf in die nächstliegende Notrufzentrale geleitet», erläutert Gusset. «Bei uns kann ein Anruf aber an einem entfernten Standort ins Netz gehen und somit in der falschen Zentrale landen.» Dieses Problem hat Axept Webcall mit den herkömmlichen Telefonapparaten gelöst. Um die Sicherheit zu steigern, wurde das Telefonsystem redundant aufgesetzt. Fällt eine Komponente aus, springt die andere ein. «Das war wichtig, dass jedermann im Notfall noch telefonieren kann», sagt Gusset. Darüber hinaus ist das Telefonnetz der Empa über zwei Standorte angebunden, die 100 Kilometer auseinander liegen. Es gibt also keinen Single Point of Failure mehr. Das grosse Aufräumen Nachdem sich die Lösung mit Lync bewährt hat, konnte die Empa ihr Dect-Netz mit über 200 Sendestationen auflösen. Dieses Funknetz hatte rund 500 Angestellte versorgt, die häufig auf dem Empa-Campus unterwegs sind. Diese haben stattdessen ein Firmen-Handy erhalten, welches in Lync eingebunden ist. Alternativ können die Angestellten auch das eigene Handy nutzen und mit der Lync-App gratis telefonieren – unter Android, iOS und Windows. Ebenfalls abgebaut wurde die Telefonanlage. «Das war ein Raum voller Server, Gateways und Kabelsträngen», erinnert sich Gusset. «Heute reichen vier Geräte. Der Rest ist virtualisiert, und wir nutzen ein Netzwerk, das sowieso existiert.» Hier spart die Empa nochmals Kosten für das Technikteam, das früher die Telefonanlage betreut hat. ! KASTEN !


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