06.03.2013, 11:44 Uhr

Wie Schweizer Ämter eGovernment vorantreiben

Innovation und öffentliche Verwaltung vertragen sich nicht, liesse sich behaupten. Am «Swiss eGovernment Forum» wollten Behördenvertreter das nicht auf sich sitzen lassen.
Peter Grünenfelder vom Kanton Aargau identifiziert Megatrends für Behörden
Schweizer Behörden zählen bei den elektronischen Dienstleistungen für den Bürger und Unternehmer nicht zur Weltspitze. Das haben Studien in den vergangenen Jahren wiederholt ergeben. Jedoch sind hiesige Ämter – von der Gemeinde, den Kantonen bis hin zum Bund – mittlerweile eifrig daran, Anschluss zu bekommen. Diesen Eindruck vermittelten zumindest die Referenten am «Swiss eGovernment Forum» in Bern am Dienstag. Keinen Trend mehr verpassen will beispielsweise die kantonale Verwaltung des Aargau. Laut Staatsschreiber Peter Grünenfelder befassen sich er und seine Kollegen kontinuierlich mit den aktuellen Megatrends. Dabei seien 50 Themen identifiziert und auf ihre Relevanz für die Verwaltungseinheiten geprüft worden. Als ein strategisches Investment habe der Kanton Aargau die sozialen Medien identifiziert, sagte Grünenfelder. «85 Prozent der Jugendlichen sind auf Facebook aktiv. Wenn die Verwaltung diese Zielgruppe erreichen will, braucht sie eine Präsenz auf der Plattform», führte er aus. Unterdessen hat die Facebook-Seite fast 1500 Fans, auf Twitter folgen der Verwaltung annähernd 750 User. Auf der Homepage des Kantons stehen Verknüpfungen zu anderen Social-Media-Kanälen an prominenter Stelle.

Steuererklärung am iPhone

Den jungen Einwohner des Kantons Zürich kommt die Verwaltung mit einer «Light»-Version der Steuererklärung entgegen. Wie Peter Seidler, Chef Bereich Logistik des kantonalen Steueramts Zürich, an dem Anlass in Bern erklärte, wendet sich die Variante hauptsächlich an Besitzer von Smartphones und Tablets. Dafür wurde die Online-Steuererklärung «ZHprivateTax» als mobile Webseite umgesetzt – inklusive der Navigationselemente für die Fingerbedienung. Seidler hofft, durch das zusätzliche Angebot mehr als die zuletzt 7,1 Prozent der rund 900'000 Steuerpflichtigen im Kanton Zürich für die elektronische Steuererklärung gewinnen zu können. Zum Vergleich: Circa 33 Prozent der Bürger nutzen laut dem Logistikbereichsleiter im Jahr 2011 die Steuer-Software des Kantons.

Selbst ist der Bürger

Die Stadt Zürich glänzt als einzige öffentliche Verwaltung der Schweiz mit einem Portal für Open Government Data. Das Bereitstellen von Behördendaten ist nach den Worten von André Golliez, Managing Partner der Zürcher IT-Beratungsfirma itopia, ein weltweiter Trend in den Verwaltungen. Die Schweiz sei bei Open Government Data aber noch keine führende Nation, die USA, Grossbritannien und zum Beispiel die skandinavischen Länder legten viel mehr Behördendaten offen. Für Golliez böte Open Government Data drei Vorteile: Mehr Effizienz innerhalb der öffentlichen Verwaltungseinheiten, mehr Wissen der Bevölkerung durch mehr verfügbare Information und innovative Apps mit neuen (verknüpften) Funktionen. In der Stadt Zürich werden die offengelegten Verwaltungsdaten heute für eine Kinderkrippen-Suche und eine Entsorgungskalender-App verwendet. Nächste Seite: weniger Stau dank eGovernment
Über den Wandel der technischen Infrastruktur hinter den eGovernment-Dienstleistungen referierte Giovanni Conti, Direktor des Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT), an dem Berner Anlass. Zum Beispiel würden die Computer des Schweizer Zolls täglich rund 150'000 Zolldeklarationen verarbeiten, 93 Prozent der Papiere werden heute elektronisch ausgestellt. Bei einem Systemausfall muss laut Conti innerhalb von Minuten mit Staus an den Grenzen gerechnet werden. Deshalb seien hohe Verfügbarkeit und absolute Zuverlässigkeit der Applikationen extrem wichtig, so der BIT-Direktor. Die Informatiker des Bundesamts stünden im Zeitalter allgegenwärtiger Computersysteme vor immer wieder neuen Herausforderungen. «Genügte der Bundesverwaltung früher eine Erreichbarkeit per E-Mail von 12 Stunden an fünf Werktagen, sind heute 24 Stunden an sieben Tagen Pflicht», sagte Conti. Auch moderne Collaborations-Technologien wie dienstliche IP-Telefonie am privaten PC, Mobilität und Präsenzinformationen würden heute von den Bundesangestellten erwartet. Von der permanenten Erreichbarkeit profitierten letztendlich auch die Bürger und Unternehmer.

Ohne IT kein eGovernment

Die Bürger des Kantons Basel-Landschaft warten aktuell noch darauf, mit ihrer Verwaltung elektronisch zu interagieren. Laut dem jüngsten Bericht «E-Government in den Kantonen» müssen Baselbieter für eine Behördendienstleistung zwingend persönlich aufs Amt. Der Kanton bietet keine einzige Online-Transaktion an. Das wird nicht mehr lange so bleiben, beruhigte Alexander Colombi, Geschäftsleiter des IT-Beratungshauses CSP, in Bern.
CSP begleitet Basel-Landschaft bei der Umsetzung der neuen IT-Strategie. Im Projekt «Stratum 2» investiert der Kanton rund 3,0 Millionen Franken in die Informatik. Laut Colombi sind unter anderem die früheren 80 Server in eine neue Infrastruktur gezügelt, neue Client-Umgebung mit Virtualisierung realisiert und die bisherigen vier Service Desks auf neu einen für die ganzen Kantonsverwaltung reduziert worden. Ausserdem wurden in der Informatik bis dato sechs Prozesse nach ITIL v3 eingeführt, vier weitere Prozesse sollen folgen. Das Projekt «Stratum 2» verlaufe nach Plan, betonte der IT-Berater. Nach dessen Abschluss und den erfolgreichen internen Umstrukturierungen sei der Kanton bereit für den Aufbau externer Online-Services für Bürger und Unternehmen. «eGovernment bedarf einer konsequenten IT-Strategie», schloss Colombi.


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