09.02.2015, 13:12 Uhr

Vier fehlende SharePoint-Puzzlesteine

Welche Funktionen werden bei der gängigen SharePoint-Plattform häufig vermisst? Praxisszenarien zeigen Lücken auf – und Wege, sie zu schliessen.
Auch wenn an der Marktspitze nicht weniger als sieben Anbieter um die Gunst der IT-Einkäufer buhlen: SharePoint ist unangefochtener Marktführer. Laut Gartner betreffen zwei von drei Anfragen zu ECM (Enterprise Content Management) die Lösung von Microsoft. SharePoint wird von den Auguren häufig für den grossen Funktionsumfang gelobt. Schon im Auslieferungszustand bringt die Plattform reichlich Features mit, die für viele Anwendungsfälle genügend sind. Dennoch: Diverse Dienstleister und Lieferanten bieten Erweiterungen an, die das Konfigurieren und Managen erleichtern. Dabei ist die Auswahl so gross, wie die Feature-Liste von SharePoint lang ist. Schweizer Entwickler und internationale Anbieter lancieren in letzter Zeit vermehrt nützliche Erweiterungen für SharePoint. Damit werden einerseits Kosten gesenkt, andererseits aber auch fehlende Funktionen nachgerüstet. Vier Beispiele aus der Anwendungspraxis illustrieren das Spektrum.

Kostenbremse

Die Lizenzen plus Zugriffsrechte verursachen ebenso schmerzhafte Kosten, wie die für Share­Point erforderliche Infrastruktur. In einer Umfrage unter 700 IT-Führungskräften und Administratoren aus Anwenderfirmen in Europa hat der SharePoint-Zulieferer AvePoint ermittelt, dass die Kosten häufig optimiert werden können. So setzen laut Umfrage 42 Prozent ausschliesslich kostspielige Tier-1-Speicher wie Microsoft SQL Server als Grundlage für SharePoint ein. Dabei wären am Markt durchaus Alternativen vorhanden, um Daten auf Tier-2- oder Cloud-basierte Speicher auszulagern, ohne dass die Funktionen von SharePoint beeinträchtigt werden. Für das Auslagern von SharePoint-Inhalten schlagen die Experten des Herstellers Hitachi vor, Daten in Abhängigkeit vom Datum des letzten Zugriffs auf preiswertere Systeme zu verschieben: Nur die in den vergangenen sechs Monaten genutzten Dokumente verbleiben auf Tier-1-Storage, der Rest wird auf Tier 2 abgelegt – oder gar auf Tier-3-Speicher, wenn seit dem letzten Zugriff über ein Jahr verstrichen ist. Als Kriterien für Tier-Speichertypen lassen sich aber auch der Medientyp (PDFs, Videos etc.) oder von den Anwendern festgelegte minimale Ladezeiten definieren. Der Hersteller rechnet vor, dass sich sein Produkt schnell amortisiert, sind Tier-1-Systeme doch zehnmal teurer als Tier 2 sowie Tier 3. Weiteres Sparpotenzial ergibt sich durch mitgelieferte Schnittstellen zu Drittanwendungen. Diese machen SharePoint zu einer zentralen Plattform, auf der Informationen aus den Fachanwendungen zusammenlaufen. Die Daten werden aus den ERP-Systemen wie SAP, Dynamics oder Sage in Echtzeit bereitgestellt. Wenn der Bearbeiter für seine Tätigkeit jedoch kein ERP braucht, kann das Unternehmen auf die teure User-Lizenz (zum Beispiel SAP GUI) verzichten, sagt Experton-Analyst Wolfgang Heinhaus.

Bedienkomfort

Die Oberfläche von SharePoint stammt aus der Zeit, in der Touchscreens noch eine Seltenheit waren. Auf den heutigen Smartphones und Tablets gerät die Bedienung von SharePoint-Katalogen deshalb zur Geduldsprobe. Der Schweizer Hersteller Up-Great macht mit «User Interface 2.0» die Oberfläche fit für die Fingerbedienung. Dafür wird eine Maske über das herkömmliche Interface gelegt, die Navigations­elemente werden hauptsächlich links und oben anordnet, Apps hinzugefügt und den Schalt­flächen aussagekräftige Symbole verpasst. Die Entwickler aus Fehraltorf haben sich noch eines weiteren Mangels angenommen: den teilweise langen Ladezeiten von SharePoint. Für performantes Arbeiten mit Bibliotheken und Listen hat Up-Great einen Windows-Client programmiert. «Der Client ist ideal fürs Arbeiten unterwegs, etwa im Flugzeug», sagt der Produktverantwortliche Philip Nussbaumer. Die Lösung synchronisiert alle SharePoint-Inhalte, für die ein Benutzer eine Zugriffsberechtigung besitzt, auf der lokalen Festplatte. Bei gekappter Internetverbindung kann dann mit diesen Einträgen gearbeitet werden. Ist der User zurück im Büro, erfolgt ein automatischer Abgleich. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Sicherheit

Sicherheit

Für den mobilen Einsatz ist SharePoint nur eingeschränkt geeignet. Mittlerweile werden zwar diverse Browser – auch Apples Safari auf dem iPad und dem iPhone – weitestgehend unterstützt, für den sicheren Zugriff auf die Dokumente im ECM sind aber zusätzliche Tools erforderlich. Perimeter von Hersteller AvePoint ermöglicht, dass geschäftskritische SharePoint-Inhalte nur von vertrauenswürdigen Anwendern auf registrierten Endgeräten und in geschützten Umgebungen aufgerufen werden. Dann sollen Angestellte die Freiheit haben, selbst zu entscheiden, wie, wo und mit wem sie zusammenarbeiten möchten. Dabei haben sie auch die Wahl des Endgeräts, des Arbeitsorts (innerhalb oder ausserhalb des Büros) und des Kooperationspartners (intern oder extern). Der Anbieter verspricht, dass durch tägliches User-Tracking ein Nachweis mit granularen, exportierbaren Berichten über Aktivitäten in SharePoint erbracht werden kann. Per Diebstahlalarm können Firmen verdächtige Verhaltensweisen – wie etwa das Einloggen an nicht autorisierten Standorten und den Download von sensiblen Inhalten – umgehend identifizieren und wenn nötig eine Sperrung einleiten.

Cloud & Mobilität

Ein allgemeiner Trend im ECM-Markt ist die Auslagerung in die Cloud. Alle führenden Anbieter haben gehostete Versionen ihrer Lösungen im Portfolio. SharePoint Online ist Bestandteil von Microsofts Office 365, aber nur eingeschränkt mit dem lokalen Server vergleichbar. Unter anderem sind in der Cloud Anpassungen und Erweiterungen längst nicht in dem Umfang möglich wie bei On-Premises. Den Einschränkungen stehen Vorteile wie höhere Verfügbarkeit und die grösseren Kapa­zi­täten gegenüber. «ECM-Dienste stellen den Nutzern in aller Regel deutlich mehr Kapazität zur Verfügung als die meisten lokalen Installationen», sagt Patrick Weinmann, Client Solutions Marketing Manager von Dell. Durch Workflows lassen sich Dokumente beim Upload automatisch mit Metadaten kennzeichnen, per Optical Character Recognition (OCR) in maschinenlesbare Dateien umwandeln oder für die weitere Bearbeitung an einen Verteiler versenden. Für regulierte Unternehmen, die Dokumente auch auf Papier archivieren müssen, hat Dell den Document Hub entwickelt. Das System ermöglicht es, via Single-Sign-on auf die gängigen Cloud-Dienste zuzugreifen. Ein Ausdruck funktioniert dann am PC oder Smartphone, aber auch am Multifunktionsdrucker.
Marktüberblick ECM
Der Markt für Enterprise Content Management wird nach Einschätzung der Analystenfirma Gartner von US-Anbietern dominiert. Die drei weltweiten Champions in der ECM-Kategorie sind Microsoft, OpenText und IBM. Sie haben zum Beispiel eine viersprachige Lösung im Portfolio, wie sie für Schweizer Behörden notwendig ist. Gemäss Gartner hat Microsoft die Marktführerschaft mit einem Anteil von über 60 Prozent. OpenText landet als starker Partner von SAP auf dem zweiten Rang. Den dritten Platz beansprucht IBM für sich. Big Blue besitzt das umfangreichste Portfolio an Lösungen für verschiedene Firmengrössen und Branchen, so Gartner. Ebenfalls leistungsfähige Lösungen für ECM bieten Perceptive Software, EMC, Oracle und Hyland. Die Lexmark-Tochter Perceptive hat ihre Stärken bei der Suche sowie beim Prozess- und Medienmanagement. EMCs Documentum-Lösung ist vergleichsweise einfach zu implementieren und skaliert gut, sagen die Analysten. Von der Integration mit den hauseigenen Anwendungen soll WebCenter von Oracle profitieren. Der Datenbankkonzern macht ausserdem mit
dem Cloud-Dienst Oracle Dokuments auf sich aufmerksam. Der Hersteller Hyland steht eher im Hintergrund, die ECM-Plattform OnBase ist eine etablierte Grösse insbesondere im Gesundheitswesen, bei Ver­sicherungen und in der Wissenschaft.


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