12.12.2012, 17:06 Uhr

Lizenzmanagement als Dienstleistung

Ein System zur Verwaltung der eigenen Software-Assets zu installieren, ist die eine Sache. Das Lizenz­management als Dienstleistung an externe Kunden zu verkaufen, eine ganz andere.
Wie viele Softwarelizenzen hat mein Unternehmen?
Der Autor ist Business Development Manager bei der Brainwaregroup. Das Lizenzmanagement zählt meist nicht zu den Top-Prioritäten eines CIOs, dabei ist das Thema nicht nur aus Compliance-Gründen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz elementar. Beim IT-Dienstleister Swisscom IT Services wird das Lizenzmanagement schon seit Längerem von einem eigenen «Center of Competence License Management» verantwortet. Weil die Swisscom-Tochter diese Dienstleistung auch aus­serhalb des eigenen Konzerns anbieten wollte, stand Gilbert Mariéthod, Head of CoC License Management, Ende 2009 vor der Aufgabe, das Lizenzmanagement neu zu organisieren. Zwar setzte das Unternehmen schon seit Jahren ein Software-Asset-Management-Tool (SAM) ein, das die Software-Compliance auf den Client-Rechnern sicherstellt. Eine Mandantenfähigkeit, wie sie mit der neuen Strategie zwingend notwendig wurde, konnte das Tool jedoch nicht bieten. Zudem nahm das Management der Lizenzen im Serverbereich immer mehr zu und war nicht mehr länger manuell zu gewährleisten. Geht das überhaupt? Die Suche nach einer geeigneten Lösung war jedoch alles andere als einfach. In ganz Europa gab es noch kein Unternehmen in vergleich­barer Grössenordnung, das erfolgreich ein Tool-unterstütztes Serverlizenzmanagement im Einsatz hatte. Bevor ein Projektantrag gestellt werden konnte, untersuchte das Team um Gilbert Mariéthod zunächst die Machbarkeit des Vorhabens. Da man bereits viele Erfahrungen im Client-Lizenzmanagement gesammelt hatte, waren die Anforderungen an die zukünftige Lösung schnell zusammengestellt. Vier Monate lang wurden anschliessend die Angebote verschiedener Lizenzmanagementlösungen geprüft und zwei Anbieter um einen Proof-of-Concept gebeten. Dabei sollten die konkreten Geschäftsfälle anhand eines vorbereiteten Drehbuchs durchgespielt werden. Das Auswahlverfahren entschied letztlich die Brainwaregroup mit ihrem Tool «Spider Licence» für sich. Überzeugt hat vor allem dessen Flexibilität. Eine Aufgabe im Evaluationsprozess bestand zum Beispiel darin, Konfigurations­änderungen spontan in der Software abzubilden und sofort die richtigen Auswirkungen im Lizenzverbrauch berechnen zu können. Die teilweise komplexen Berechnungsmodelle (Lizenzmetriken) bildet dieses Tool in austauschbaren Plug-Ins ab, die sich ohne Modifikation der Software an die Sondervereinbarungen anpassen lassen. Auch das Killerkriterium «Mandantenfähigkeit» wird erfüllt. Die Software unterscheidet zudem, welche Lizenzen Teil der Dienstleistung sind und welche Software vom Kunden beigestellt wird. Nachdem die Machbarkeit des Projekts nachgewiesen war, wurde der Projektantrag gestellt. Da erfolgreiche Referenzprojekte fehlten, vor allem für das Serverlizenzmanagement, wurde das Projektrisiko als hoch eingeschätzt. Die Money-back-Garantie des Anbieters trug daher entscheidend zur Genehmigung des Vorhabens bei. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Kleines Team, schnelle Entscheidung Kleines Team, schnelle Entscheidung Da das Lizenzmanagement für den gesamten Swisscom-Konzern im Fokus stand, beteiligte sich auch die Tochtergesellschaft Swisscom Schweiz am Projekt – ca. 3000 Server werden von dieser selbst betrieben. Das Projekt hatte damit zwei Auftraggeber,  was zwar hin und wieder die Abstimmungen erschwerte, aber auch sicherstellte, dass die Bedürfnisse der Konzerngesellschaften berücksichtigt wurden. Dem Kernteam – drei Mitarbeiter von Swisscom IT Services, die Projektleiterin von Swisscom Schweiz und zwei Mitarbeiter der Brainware­group – war schnell klar, dass nur über eine intensive und effiziente Kommunikation die Projektziele für beide Auftraggeber zu erreichen waren. Der dafür nötige Mehraufwand konnte durch eine geradlinige Umsetzung wieder wettgemacht werden. So wurden etwa Anforderungen gestrichen, die vor Beginn des Projekts noch als sehr wichtig eingeschätzt worden waren, aber zum Go-Live noch gar nicht relevant sein würden. Beispielsweise wurde das grafische Management-Reporting auf eine spätere Projektphase verschoben, da das Top-Management sowieso erst zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Tool arbeiten sollte. Dass Teilziele von den Auftraggebern mit konkreten Terminanforderungen versehen wurden, hat bei der pragmatischen Umsetzung sehr geholfen. Der Hersteller war gefordert, die notwendigen Zuarbeiten der Swisscom je Meilenstein zu definieren. So kamen schnell realistische Terminplanungen zustande und jeder im Projekt wusste, was bis wann zu erledigen war. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Pragmatischer Ansatz Pragmatischer Ansatz Als besonders grosse Herausforderung stellte sich die Ermittlung der Software-Nutzung im Serverumfeld heraus. Das Problem bringt Gilbert Mariéthod auf den Punkt: «Der Inventory Scanner, der alle Serverprodukte mit ihren lizenzrechtlichen Parametern ermitteln kann, muss noch erfunden werden.» Denn ein reiner File- oder Registry-Scan wie bei den Clients hilft hier nur begrenzt. Es müssen Virtualisierungskonfigurationen, Applikationsdatenbanken und herstellerspezifische Tools integriert werden, um ein umfassendes Bild der tatsächlichen Software-Nutzung zu erhalten. Wichtig war dem Team, bei der Automatisierung einen pragmatischen Ansatz zu wählen. Dort wo die technische Ermittlung von bestimmten Parametern zu einer zu hohen Komplexität geführt hätte, wurden manuelle Arbeitsschritte in die Prozesse eingearbeitet. Zu deren Unterstützung werden aus dem Lizenzmanagement-Tool beispielsweise Excel-Vor­lagen generiert, die von den Produktverantwortlichen nur noch ergänzt werden müssen.Von der integrierten Forecast-Berechnung auf Basis von Simulationen erwartet Swisscom IT Services grosse Einsparungen. Damit lässt sich zum Beispiel vermeiden, dass für ein aktuelles Projekt unnötig Lizenzen gekauft werden, die wenige Monate später anderswo frei werden oder deren Lebenszyklus demnächst zu Ende geht. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ziele erreicht? Ziele erreicht? Die Erfolgsbilanz: Zeit- und Budgetplan wurden eingehalten – für IT-Projekte alles andere als selbstverständlich. Das bereits bestehende Lizenzmanagement der Clients konnte in das neue mandantenfähige Tool überführt werden. Im Serverbereich steht man bei der Swisscom kurz vor dem Abschluss der automatisierten Lizenzbilanz. Damit ist der Business-Case für das Projekt erreicht. Der manuelle Aufwand im Lizenzmanagement wurde signifikant gesenkt, das Lizenzmanagement der Swisscom IT Services kann nun mit nur zwei Vollzeitmitarbeitern bewältigt werden. Dank der neu gewonnenen Transparenz über die benötigten und vorhandenen Lizenzen konnte zudem der Neulizenzbedarf gesenkt werden. Das Software-Lizenzmanagement ist bereits zu einer neuen Dienstleistung von Swisscom IT Services geworden. Einen ersten Outsourcing-Kunden gibt es schon. Im Rahmen des Projekts wurde deutlich, dass es wichtig ist, die eigene Insel zu verlassen. Neben Abstimmungen mit den Software-Herstellern sind Kontakte zu Lizenzmanagern anderer Unternehmen sehr hilfreich. Gilbert Mariéthod hat zu diesem Zweck den Schweizerischen Lizenzmanager Circle gegründet, in dem sich die Verantwortlichen für Software-Compliance von vielen Schweizer Firmen regelmässig austauschen. Das Projekt Eingesetzte Software: Spider LicenceUmfang: 20?000 Clients und 10?000 ServerProjektdauer: November 2010–Juni 2011Externer Aufwand: 154 PTProjektkernteam: 3 Swisscom-Mitarbeiter und 2 Brainwaregroup-Berater, beteiligt waren zudem bis zu 20 weitere Mit­arbeiter der Swisscom. Lessons learned: - Das Kernprojektteam darf nicht zu gross sein.- Ausreichend Budget für das Projekt­management einplanen (15%).- Ziele klar priorisieren und zeitlich so terminieren, dass notwendige Voraussetzungen rechtzeitig geschaffen werden können.- Das Tool ist relativ schnell implementiert, mit viel Fleissarbeit können auch die Lizenzbestände ermittelt und erfasst werden. Die grosse Herausforderung ist die automatische Ermittlung der Lizenzverbräuche der Server-Software. Hier sind pragmatische Lösungen erfolgreicher als 100-Prozent-Ansätze!


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