25.02.2011, 06:00 Uhr

50 Prozent weniger Telefonkosten

Die IT Post hat in einem fünfjährigen Grossprojekt alle Telefonanschlüsse auf IP umgestellt und damit 23 Millionen Franken eingespart.
Bild: PD
Paul Amherd ist Serviceverantwortlicher Telefonie bei der IT Post. Marco Barth ist dort Leiter Rollout-Services und Projektleiter Telefonieoptimierung Post Wenn die Informationstechnologie der Schweizerischen Post ein neues Projekt in Angriff nimmt, betrifft das oft mehrere Tausend Arbeitsplätze. Das Projekt «Telefonoptimierung Post» (TOP) ist da keine Ausnahme. In einem Projekt, das insgesamt über fünf Jahre lief und vor Kurzem, im Dezember 2010, erfolgreich abgeschlossen werden konnte, installierte die IT Post konzernweit eine moderne IP-basierte Telefonieinfrastruktur und migrierte im Zuge dessen über 16000 Telefone.

Ausgangslage

Bis 2005 waren bei der Schweizerischen Post 850 Teilnehmervermittlungsanlagen (TVA) für 24000 Nutzer und Nutzerinnen sowie über 5000 ISDN-Leitungen in Betrieb. Deren Wartung gestaltete sich entsprechend aufwendig, vor allem, weil dazu Vor-Ort-Einsätze am betreffenden Standort nötig waren. Ausserdem war die Typenvielfalt der Anlagen und Endgeräte im Laufe der Zeit unüberschaubar gross geworden – und die Inventarqualität entsprechend niedrig. Sämtliche Telefonieservices wurden von Swisscom bereitgestellt und betrieben. In der IT Post war daher zwar grosses Know-how für Netz, PC und Printer vorhanden, nicht jedoch im Bereich der Telefonie. Bei der Erneuerung der in die Jahre gekommenen Telefonanlagen standen zwei Ziele im Vordergrund: Einerseits sollten die Kosten für die Sprachservices um 25 Prozent reduziert werden, andererseits wollte man aber auch die technischen Grundlagen für die gestiegenen Anforderungen aus den Fachbereichen schaffen, insbesondere im Contactcenter-Umfeld.

Umsetzung

Die Netzinfrastruktur der Post basiert auf Cisco-Systemen. Eine Implementierung der Sprachservices auf Basis der Cisco-Komponenten lag daher nahe. Dazu wurden fünf redundante Cluster aufgebaut und 16000 Telefone an 2300 Standorten installiert. Bei der Installation griff die IT Post auf ein selbst entwickeltes Rollout-Tool zurück, das für alle Masseninstallationen von IT-Sachmitteln eingesetzt wird. Mit dessen Hilfe konnten alle Telefone inklusive ihrer Leistungsmerkmale auch ohne detaillierte Systemkenntnisse installiert werden. Da die Telefonieinfrastruktur aber keineswegs statisch ist – durch Umzüge, Reorganisationen, Anpassung der Kostenstelle, Namenswechsel etc. fallen im Durchschnitt rund 20000 Mutationen pro Jahr an –, sind klare Prozesse und ein­fache Systemeingriffe nötig. Zu diesem Zweck hat die IT Post ein eigenes Konfigurationssystem namens Telkon entwickelt. Damit werden Änderungen aus den Telefonieumsys­temen, zum Beispiel dem Personalsystem, automatisiert in die Telefoniebasissysteme eingelesen.

Herausforderungen

Wie bei jedem Veränderungsprozess mussten auch in diesem Projekt zunächst Hindernisse und Vorbehalte überwunden werden. Ein alltäglich eingesetztes Gerät wie das Telefon weckt Emotionen. Viele Anwender empfanden den alten Apparat zunächst als funktioneller oder bedienerfreundlicher. Inzwischen sind die neuen Geräte, die auch über den PC gesteuert werden können, jedoch akzeptiert. Die anfängliche Angst vor einer komplizierten Bedienung entpuppte sich als unbegründet. Auch die Bedenken in Bezug auf die Verfügbarkeit und Sicherheit der IP-Telefonie waren 2005, zu Beginn des Projekts, noch sehr gross. Dank der permanenten Kommunikation mit den Betroffenen sowie – als überzeugendstes Argument – dem einwandfreien Funktionieren der Sprachservices konnten die Bedenken jedoch rasch und nachhaltig beseitigt werden. Die Einführung der neuen Firmennummerierung mit der Vorwahlnummer 058 und einer internen 6-stelligen Nummer akzeptierten die Benutzer gut, auch dank einer mehrmonatigen Weiterleitung der alten Nummern. Gleichzeitig konnte die grosse Anzahl von Nummernblöcken minimiert und infolgedessen die Kosten für die Administ-ration reduziert werden. Als grösste Herausforderung entpuppte sich jedoch die Verfügbarkeit der KeyPlayer mit dem notwendigen Know-how. Die umfassende Aufgabe konzentrierte sich zeitweilig auf zu wenige Personen. Ein Grund für den Erfolg des Projekts liegt in der Aufteilung in die fünf Teilprojekte «Transition», «Aufbau Basisinfrastruktur», «Service Entwicklung», «Rollout» und «Corporate Number». Diese Splittung hat sich trotz anfänglicher Schwierigkeiten bei der Zuständigkeitsregelung insgesamt bewährt. Besonders die flexible Reduktion der Ressourcen für die Teilprojekte nach Erreichung der Teilprojektziele machte eine schlanke Projektorganisation möglich. Diese konnte sich in den letzten beiden Jahren auf den Rollout konzentrieren und so für eine reibungslose Betriebsübergabe sorgen. Die hohe Verfügbarkeit sowie die sehr geringe Anzahl gemeldeter Telefoniestörungen bestätigen dieses Vorgehen. Die beim Projektstart aufgelisteten Risiken in Bezug auf die Technologie, das fehlende Know-how und den grossen Ressourcenbedarf traten dank vorausschauender Planung nur in geringem Rahmen oder überhaupt nicht ein. Da die Post die Telefonieservices mittlerweile selbst betreibt, war ein grosser Kow-how-Transfer unumgänglich. Swisscom leistete dazu eine ausgezeichnete partnerschaftliche Unterstützung. Zum Erfolg des Projekts haben aber auch die positive Unterstützung der Konzernleitung, sämtlicher Projektbeteiligten von der Projektleitung bis zum Programmmanager und natürlich die Benutzerakzeptanz beigetragen.

Ergebnisse

Nach dem erfolgreichen Projektabschluss verfügt die Post nun über eine auf IP-Technologie basierende Telefonieinfrastruktur, die Bestandteil der IT-Infrastruktur ist und auch integrierte flexible Sprachservices, z.B. für Contactcenter und Collaboration, unterstützt. Des Weiteren wurde die gesamte Telefonieumgebung bereinigt, über 9000 Nummern konnten so gekündigt werden. Die Sprachservices der Post sind heute um 50 Prozent günstiger und bieten zugleich neue Dienste, zum Beispiel die zeitgesteuerte Anrufumleitung der Telefonie über den PC, Voice-Mail für alle und neue Möglichkeiten für die Systemintegration der Contactcenter-Agenten. Der im Konzernleitungsantrag vom September 2005 aufgezeigte wirtschaftliche Nutzen wurde in der Realität sogar übertroffen. Als ungeplanter Nebeneffekt konnte die Post jährlich die Stromkosten um über eine Million Schweizer Franken reduzieren, da die zentralen Systeme weniger Strom als die 850 TVA verbrauchen. Der Konfigurationsaufwand für Mutationen ist dank der Eigenentwicklung Telkon minimal, da die Leistungsmerkmale auf Knopfdruck ohne Cisco-Systemkenntnisse erfolgen. Damit können die Techniker, die PCs oder Drucker ins-tallieren, auch das Telefoniesystem administrieren und konfigurieren. Der Nutzen dieser Synergie ist gross, insbesondere bei Umzügen in dezentralen Standorten. Bei der Installation der neuen Telefonie wurden ausserdem alle Anschlüsse auf ihre Notwendigkeit hin überprüft. Dadurch konnten 30 Prozent der Anschlüsse reduziert und Altlasten bereinigt werden. 2010 wurden die Systeme erneuert und der aktuelle Software-Release (CUCM.V7) eingeführt. Mit der Einführung von Microsoft Office Communication Server (OCS) und mobilen Endgeräten steht der Post somit auch für die kommenden Jahre eine umfassende und kostengünstige Palette an Sprachservices zur Verfügung. Die zeitgemässe Infrastruktur sowie der Eigenbetrieb der Systeme verringert aus­serdem die Carrier-Abhängigkeit.

Die Projektdaten

Standorte: 2300 Telefonieanschlüsse: 24500 (bei Projektstart) bereinigte Telefonieanschlüsse: 16600 (bei Projektende) verwendete Software und Hardware: Cisco CCM4.2 wurde gegen Ende des Projekts auf CUCMV7.1.3 erhöht Projektdauer: 5 Jahre (2006–2010) beteiligte Personen: 120 Projektkosten: CHF 13 Millionen erreichte Kosteneinsparungen:  CHF 23 Millionen


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