19.07.2012, 11:56 Uhr

Neue Pflichten für Schweizer Onlineshops

Ab dem 1. August 2012 gilt in Deutschland die «Button-Lösung». Sie soll vor Kostenfallen im Internet schützen. Auch Schweizer Onlineshops mit Ausrichtung auf den deutschen Markt haben ihre Bestellvorgänge auf dieses Datum hin anzupassen.
Der Kauf-Button (hier symbolisch) muss in Online-Shops klar als solcher gekennzeichnet werden.
* Roland Mathys ist Partner und Leiter des Praxisteams IP/ICT/Competition bei Wenger-Plattner. Lukas Schaub ist juristischer Mitarbeiter. Nachdem in der Schweiz tätige Onlineshops seit dem 1. April 2012 aufgrund des neuen Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe s des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verschiedene Transparenzvorgaben zum Schutz der Konsumenten zu beachten haben, drängt die internationale Rechtsentwicklung im E-Commerce bereits auf weitere Anpassungen. Anlass bildet die zunehmende Verbreitung sogenannter «Abofallen». Solche Internetangebote verschleiern ihre Kostenpflichtigkeit trickreich, unter anderem dadurch, dass ihre Leistungen andernorts unentgeltlich erhältlich sind (so etwa Open Source Software, Kochrezepte, Horoskope), und lassen den Konsumenten unbemerkt ein Abonnement abschliessen. Zwar verstösst dieses Vorgehen regelmässig gegen Lauterkeitsrecht bzw. Preisbekanntgabepflichten, und darauf gestützte Geldforderungen sind vor Gericht nicht durchsetzbar; allzu oft bezahlen die Konsumenten aus Unkenntnis oder unter dem Eindruck von Betreibungs-androhungen aber dennoch. Dieser Entwicklung soll mit der «Button-Lösung» begegnet werden.

Die «Button-Lösung»

Die «Button-Lösung» bildet Teil der neuen europäischen Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher, die unter anderem eine Harmonisierung der Verbraucherinformationen bezweckt und Ende 2011 in Kraft getreten ist. Gemäss Art. 8 der Richtlinie muss der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigen, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Weiter ist der Verbraucher unmittelbar vor seiner Bestellung in hervorgehobe-ner Weise auf bestimmte Informationen, so etwa den Gesamtpreis, hinzuweisen. Diese Pflichten beschlagen Konsumentenverträge sowohl über Waren als auch über Dienstleistungen. Auf der nächsten Seite: Das sind die Anforderungen an Button-Beschriftung und -Gestaltung.

Anforderungen an den «Button»

Wenn der Bestellvorgang durch Drücken eines Buttons ausgelöst wird, ist dieser ausschliesslich mit den Worten «zahlungspflichtig bestellen» oder einer entsprechend klaren Formulierung zu beschriften. Zulässige Alternativen bilden wohl etwa «kaufen» oder «zahlungspflichtigen Vertrag schliessen». Ungenügend sind hingegen Formulierungen wie «Bestellung abgeben» oder «Anmeldung», da sich daraus dem Konsumenten die Kostenpflichtigkeit nicht eindeutig erschliesst.  Neben dem Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit darf der Button keine weiteren Angaben enthalten, damit der Konsument nicht abgelenkt wird. Weiter hat der Hinweis gut lesbar zu sein. Dies schliesst die Verwendung einer besonders kleinen Schrift oder eines kontrastarmen Buttons (z.B. dunkelrote Schrift auf rotem Grund) aus. Diese Regeln gelten auch dann, wenn die Bestellung nicht über einen eigentlichen Button, sondern etwa über einen Hyperlink oder einen Auswahlkasten (Checkbox) erfolgt.

Unmittelbare Informationspflichten

Unmittelbar vor der Bestellung muss der Konsument klar und in hervorgehobener Weise auf folgende Informationen hingewiesen werden:
  • Produktbeschreibung (wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung);
  • Mindestlaufzeit bei Dauerschuldverhältnissen;
  • Gesamtpreis inkl. allfälliger Versand- und Zusatzkosten.
Die Unmittelbarkeit dieser Informationen muss der Onlineshop-Betreiber sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht gewährleisten. Ihre Bereitstellung etwa noch vor Eingabe von Adressdaten und Zahlungsinformationen durch den Konsumenten gilt nicht als zeitlich unmittelbar. Räumlich sind die Informationen dem Bestellbutton direkt vorzulagern, damit dem Konsumenten der Zusammenhang deutlich wird. Bei üblicher Bildschirmauflösung haben Bestellbutton und Informationen entsprechend gleichzeitig sichtbar zu sein. Ein Scrollen des Konsumenten zum Bestellbutton soll sich erübrigen. Auf der nächsten Seite: Die Situation für Schweizer Online-Shops.

Folgen mangelhafter Umsetzung

Bei mangelhafter Umsetzung der «Button-Lösung» drohen dem Onlineshop-Betreiber wettbewerbsrechtliche Konsequenzen, so etwa kostenpflichtige Abmahnungen. Weiter wird der Konsument bei unzulässiger Beschriftung bzw. unzulässiger Gestaltung des Bestellbuttons durch seine Bestellung nicht gebunden. Der Shop-Betreiber wird in diesem Fall also auf sein Geld verzichten müssen.

Zuerst Deutschland, dann die ganze EU

In Deutschland setzt das Bürgerliche Gesetzbuch durch den neuen § 312g (Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr) die europäische «Button-Lösung» bereits mit Wirkung ab 1. August 2012 ins nationale Recht um. Ab diesem Zeitpunkt ist die neue Regelung auch für Schweizer Onlineshops verbindlich, falls sie an deutsche Konsumenten liefern und sich auf den deutschen Markt ausrichten. Daran vermag auch eine Rechtswahlklausel zugunsten des Schweizer Rechts, etwa in allgemeinen Geschäftsbedingungen, nichts zu ändern; denn der Konsument kann sich stets vor seinem heimischen Gericht auf sein eigenes Recht berufen.  Bis Ende 2013 müssen alle EU-Mitgliedstaaten die «Button-Lösung» in nationales Recht umgesetzt haben. Spätestens ab dann gilt sie also auch für Lieferungen in diese Länder.

Vorsicht «Button-Falle»!

Das ausländische Recht gilt für einen Schweizer Onlineshop nur dann zwingend, wenn er sich auf den fraglichen ausländischen Markt ausrichtet. Dies ist aber nicht etwa erst dann der Fall, wenn gezielt um Kunden im Ausland geworben wird oder Angaben über Versandkosten ins Ausland gemacht werden. Die Verwendung einer länderneutralen Top-Level-Domain (z.B. .com) kann unter Umständen bereits genügen. Generell werden Onlineshops von Gerichten wohl schnell als aufs Ausland ausgerichtet qualifiziert. Entsprechende Vorsicht und sorgfältige Abklärung sind im Einzelfall geboten, um als Unternehmer nicht in die «Button-Falle» zu treten.


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