IT-Infrastruktur 27.06.2014, 09:53 Uhr

Portfolios von Microsoft, IBM, BMC und ServiceNow im Check

Die Hauptaufgabe der Informatik ist das Managen von IT-Ressourcen. Darauf spezialisierte Software ist jedoch teuer. Integrierte Lösungen aus der Cloud können sparen helfen. Computerworld wirft einen Blick auf die Portfolios von vier marktführenden Anbietern.
Mehr als jeden zweiten Franken des IT-Budgets geben Schweizer Anwenderunternehmen für den Betrieb ihrer Computersysteme aus. Ein Blick in das Markforschungs-Tool IDG Analytics offenbart, dass im Durchschnitt 38 Prozent der Ausgaben für Projekte aufgewendet werden, der Löwenanteil von 62 Prozent jedoch in die Infrastruktur fliesst. Dieses Geld – das Analystenhaus IDC spricht von ca. 10,7 Milliarden Franken – wird auch in Software für das IT-Management gesteckt. Die Lösungen sind jedoch teilweise alt und allesamt teuer, so IDC. Im Zuge der Industrialisierungsbestrebungen von Informationstechnologie – auch Konsolidierung und Cloud Computing genannt – gehen die Anbieter von Infrastruktur-Management-Lösungen nun zusehends auf die Kunden zu. Laut Forrester und Gartner sind die Trends erstens integrierte Lösungen, zweitens diese in der Cloud bereitzustellen und drittens Standardprozesse via Selfservice abzuwickeln.

Microsoft: Kostspieliges Gesamtpaket

Microsoft, einer der Marktführer aus Sicht von Gartner, setzt und folgt allen drei Trends. Die weltweit meistgenutzte Lösung für das Client-Management, System Center, ist in der jüngsten Ausgabe nur noch als Suite zu haben. Einerseits bekommen Kunden nun den vollen Funktionsumfang, andererseits müssen sie diesen auch voll bezahlen. Dabei habe das Herzstück der Suite, der Configuration Manager, oft schon den Anforderungen der IT-Abteilungen genügt. Gemäss dem jüngsten «Magic Quadrant for Client Management Tools» von Gartner ist Configuration Manager in jeder zweiten Firma im Einsatz. Dabei sind offensichtlich Fachleute am Werk, denn ein Kritikpunkt der Analysten ist die hohe Komplexität und die zwingend erforder­lichen Spezialkenntnisse für die Bedienung der System-Management-Suite. Immerhin: In der Cloud sucht und findet Microsoft einen Ausweg. Windows Intune, sozusagen eine abgespeckte Variante von System Center, erfordert weniger Know-how (die Lösung wendet sich auch an kleinere Unternehmen, allenfalls sogar ohne IT-Mannschaft). Windows Intune aktualisiert Microsoft regelmässig: Noch häufiger als System Center mit Service Packs versorgt wird, bekommt die Management-Lösung neue Funktionen. Passend zur Zielgruppe stehen bei Intune nicht die tiefgreifenden Features im Vordergrund, sondern fixfertige Lösungen. Anfangs musste sich Microsoft noch für die mangelhafte Unterstützung von Fremdplattformen kritisieren lassen. Mittlerweile hat Redmond akzeptiert, dass die mobile Workforce nicht ausschliesslich auf Windows-Laptops setzt, sondern auch Android-Smartphones und Apple-Tablets verwendet. Intune kann – wenn auch im Vergleich mit markführenden Speziallösungen von Mobile­Iron oder SAP nur rudimentär – Firmenrechte auf den Mitarbeiter-Devices durchsetzen. Aus der Ferne kann der Administrator E-Mail-Konten verwalten, Firmendaten löschen oder PINs zurücksetzen. In der Disziplin Selfservice für das IT-Management hat Microsoft aktuell noch Nachholbedarf. Wettbewerber wie IBM, BMC, Matrix 42, Unisys oder ServiceNow sind hier weiter. Sie haben aber in anderen Bereichen noch Makel. Lesen Sie auf der nächsten Seite: IBM und BMC

IBM: viel dazugekauft

Wie Microsoft fährt auch IBM mehrgleisig: Der Erfolg bei Nutzerakzeptanz und den Analystenmeinungen ist ebenfalls vergleichbar gross. Für Gartner zählt Big Blue sowohl in den Sparten Client-Management als auch Mobile-Device-Management zu den Leadern. Der «Endpoint Manager», mit dem IBM beide Bereiche abdeckt, setzt sich aus mehreren Akquisitionen zusammen: Tivoli (1996), BigFix (2010) und Fiberlink (2013) liefern die Technologie hinter der IT-Verwaltungslösung. Zusätzlich dient die SoftLayer-Infrastruktur (Übernahme ebenfalls 2013) zur Bereitstellung von Management-Lösungen aus der Cloud. Zusätzlich lanciert IBM Ende Jahr auch in Kontinentaleuropa seinen «Cloud Marketplace», auf dem gemeinsam mit Partnern fixfertige Produkte unter anderem für IT-Operations feilgeboten werden. SoftLayer arbeitet hier ebenfalls im Hintergrund, was den Kunden die Wahl zwischen geteilten oder dedizier-
ten Rechenzentrumsressourcen respektive der eigenen Server-Hardware geben soll. Anwendungen werden neben reinen IT-Tools wie Backup, Desaster Recovery oder Sicherheit auch Big-Data-Services sowie Collaboration-Lösungen sein.

BMC: breit aufgestellt

Ähnlich breit wie IBMs Portfolio ist das von BMC, es wird aber von den Analysten nicht so gelobt. Auch der US-amerikanische Anbieter hat viel Technologie zugekauft und schleppt eine entsprechend umfangreiche Legacy mit sich. Für die Kunden heisst das oft: Bewährte Anwendungen wie Atrium oder BladeLogic werden zwar noch unterstützt, kosten aber viel Geld in der Wartung. Mit Produkten wie MyIT gibt sich BMC modern. Die Lösung kombiniert Device- und App-Management mit Helpdesk-Funktionalität. Endanwender können also Business-Applikationen wie E-Mail, CRM oder ERP-Apps je nach Rechtevergabe und Unternehmensrichtlinien abonnieren und bei Problemen – langsamer Zugriff, neues Passwort oder anderes – den Helpdesk um Rat fragen. Für die Ressourcenplanung nutzt MyIT auch Geolokation. Jedoch sind Kundenreferenzen nach dem Rückzug von der Börse im vergangenen Jahr Mangelware. Gartner hat beispielsweise für das Client-Management-Tool FootPrint nur eine kleine Marktpräsenz registriert, die aber neu wächst, nachdem BMC die Lösung statt BladeLogic für das Device-Management bewirbt. BMC war lange Zeit ein klassischer Anbieter von On-Premises-Produkten. Die ITSM-Suite (IT-Service-Management) Remedy lässt sich als Remedy OnDemand auch als abgespeckte Variante aus der Cloud beziehen. Via Force.com offeriert BMC daneben das Modul ServiceDesk. Analystenschelte erntet der Hersteller aber für die noch rudimentären (Social-)Collaboration-Funktionen. Die Zusammenarbeit innerhalb der IT-Abteilung und jenseits davon unterstützt allerdings keine Software wirklich vorbildlich. Die Paradigmen wie Facebook-Likes, Hashtags oder Sternebewertungen zur Rückmeldung oder auch Lob für die Informatikkollegen sind bei den etablierten Software-Lieferanten noch nicht angekommen. Lesen Sie auf der nächsten Seite: der Newcomer

ServiceNow: der Newcomer

Keine Ausnahme ist dabei der vergleichsweise neue Mitbewerber ServiceNow. Hier arbeiteten die Entwickler an Social-Funktionen, sichtbar ist auf der Plattform aktuell aber noch nichts. Ende Jahr soll es so weit sein, verspricht der Anbieter. In den Disziplinen Integration, Cloud und Selfservice kann das Unternehmen von seiner kurzen Historie profitieren. Alle Anwendungen für das IT-Service-Management laufen auf einer Plattform, die per Default in der Cloud betrieben wird. Hierzulande besitzt ServiceNow Rechenzentrumsressourcen in Zürich und Genf. Den Selbstbedienungsgedanken adressiert der Anbieter gezielt: Das Paradebeispiel ist einer der am häufigsten angeforderten Prozesse: Der Anwender hat sein Passwort vergessen und muss es zurücksetzen. Nahezu jeder vierte Support-Call dreht sich um diese Anforderung, berichten Praktiker. Dieses immense Arbeitsaufkommen für die IT-Abteilung lässt sich per Selfservice reduzieren. Der User kann den Standardprozess, verifiziert durch IP-Adresse oder andere Berechtigungsnachweise, selbst durchlaufen. Das System protokolliert alle Schritte und bucht die Leistungen automatisch auf das interne Konto der zugehörigen Geschäfts­einheit. Nur bei echten Problemen oder widersprüchlichen Angaben des Users muss dann der Administrator noch eingreifen.
Zukunftsvision: das SLA-getriebene Unternehmen
Genau wie ein SLA (Service Level Agreement) für die Verfügbarkeit von Informa­tiksystemen definiert werden kann, lässt sich auch ein SLA für Prozesse jenseits der IT festschreiben. Die Personalabteilung liefert dem Angestellten innerhalb drei Stunden eine Auskunft über die verfügbaren Ferientage. Wird die Zeit überschritten, muss der HR-Mitarbeiter um seinen Bonus bangen – genau wie der Provider um seine Umsätze beim Verstoss gegen das SLA. In Zukunft könnten sich nicht nur die IT-Abteilung, sondern auch die übrigen Bereiche jenseits des Kerngeschäfts, etwa Finanzen, HR, Marketing und Vertrieb, dem Servicesansatz unterordnen. In einem Service­katalog liesse sich das Leistungsspektrum veröffentlichen, auf Dashboards die Performance messen. Das würde nicht nur die (Kosten-)Transparenz erhöhen, sondern auch die Mitarbeiter­zufriedenheit – solange alle am gleichen Strang ziehen. Schert einer aus, würde auch seine Minderleistung umgehend sichtbar. Dann ist das Servicesparadigma zwar in erster Linie ein (monetäres) Barometer, in zweiter Linie aber auch ein Instrument zur Organisationsentwicklung. Die IT kann dabei die Vorreiterrolle übernehmen und die Basis liefern.


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