08.05.2007, 09:09 Uhr

Ein System für Software-Architekten

Mit Visual Studio 2005 Team System hat Microsoft erstmals den Markt des Application Lifecycle Managements betreten und bietet eine Werkzeugsammlung an, die unterschiedliche Rollen und Lebenszyklen bei Entwicklungsprojekten bedient. Die Ausgabe für Software-Architekten ist speziell auf die Modellierung getrimmt.
Torsten Weber ist Leiter der Dotnet User Group Leipzig und auf Mobile Computing und Dotnet spezialisiert.
Der Lebenszyklus einer Software beinhaltet verschiedene Rollen, etwa die eines Designers, eines Programmierers und eines Testers. Visual Studio 2005 Team System for Architects bedient dabei die frühen Abschnitte des Modellierens von Anwendung und Infrastruktur. Für diese Aufgabe existieren visuelle Designer für den Entwurf von Klassen sowie die sogenannten Distributed System Design Tools (DSDT). Sie bestehen aus Application-, Logical-Datacenter-, System- und Deployment-Designer und sind Bestandteil der Dynamic Systems Initiative (DSI). Sie will den Entwurf sowie den Einsatz verteilter, insbesondere serviceorientierter, Anwendungen vereinfachen.
Im Hinblick auf die fehlende native Unterstützung für die Unified Modelling Language (UML) in Visual Studio fällt bei dieser Gruppe von Designern augenscheinlich auf, dass visuelle domänenspezifische Sprachen zum Einsatz kommen. Gegenüber der UML, die für die exorbitant grosse Domäne der objektorientierten Softwareentwicklung spezifiziert ist, sind sie auf kleinere und schärfer umrissene Domänen ausgerichtet. Bei den DSDT konzentrieren sie sich auf die erwähnte Modellierung und Verwirklichung verteilter Softwaresysteme.

Planen und Entwerfen

Die Designer aus den DSDT verwenden das XML-basierte System Definition Model (SDM), mit dessen Hilfe Modelldefinitionen abgebildet werden. Es beschreibt nicht nur Anwendungssysteme, sondern auch die dazu notwendige Infrastruktur. Softwarearchitekten können mittels des Application Designers Anwendungsarchitekturen definieren. Es bleibt aber nicht beim reinen Entwurf. Über durch das SDM verbundene Designer können Mitarbeiter eines Rechenzentrums auch die Ablauffähigkeit in den dortigen Umgebungen überprüfen. Die mögliche Rolle «Rechenzentrumsmitarbeiter» zeigt dabei, dass Visual Studio 2005 Team System nicht auf irgendeinem fest definierten Prozess oder auf vorgegebenen Rollen basiert. Vielmehr ist es eine mögliche Implementierung des Microsoft Solution Framework (MSF), einer Sammlung von Fallstudien, progressiven Lösungen, Bausätzen, Modellen und Anleitungen für den Aufbau einer Projektmanagement-Methode für Softwareprojekte mit Lebenszyklen.
Die Arbeit mit den Designern funktioniert, ohne dass Quellcode geschrieben werden muss. Mit ihnen können nicht nur quasi auf Papier und Wandtafel Vorgaben an Interessensgruppen vermittelt oder Problemstellen in Projekten vereinfacht besprochen, sondern auch die Freiheitsgrade der anderen Rollen eingeschränkt werden. Beispielsweise lässt sich über ein Anwendungsdiagramm im Application Designer eine verteilte Lösung in Biz-Talk Web Services, Windows-Anwendung, externe Web Services und generische Anwendung aufteilen und mit Eigenschaften und Bedingungen versehen. Bei den Web Services wiederum können Methoden und URL-Endpunkte definiert und die Architektur der über Webreferenzen verbundenen Lösung generiert werden. Das funktioniert auch umgekehrt: Ändert sich der Quellcode, wird das Anwendungsdiagramm respektive das SDM synchronisiert.
Mit dem Logical Datacenter Designer kann der Anwendungsserver, im obigen Beispiel der Biz-Talk-Server, in einem logischen Diagramm definiert und dessen spezielle Konfigurationen dokumentiert werden. Nicht nur eine Gruppierung der Server in Zonen wie Intranet oder DMZ (Demilitarisierte Zone) ist möglich, sondern auch die Bedingungen für die Kommunikation bis hin zur Definition von Authentifizierungsmechanismen. Blockiert demzufolge eine Firewall die Kommunikation mit den externen Web-Services, stellt sich das nicht erst beim Einsatz heraus, sondern schon beim Entwurf.
Mit dem System Designer können die in Anwendungs- beziehungsweise Systemdiagrammen definierten Applikationen zu -Instanzen von Anwendungssystemen komponiert werden. Das funktioniert, weil die Eigenschaften und Definitionen von Anwendungen überschrieben werden können. Eine Lösung kann somit mehrere Systemdefinitionen aus individuellen Einsatz- und Rechenzentrums-Konfigurationen enthalten.
Schliesslich führt der Deployment Desig-ner die Entwürfe der Softwarearchitekten mit denen aus dem Logical Datacenter Designer zusammen. Durch die Abbildung des Systemdesigns auf die des Data Centers läuft die entsprechende Anwendungssoftware auf dem richtigen logischen Server. Das funktioniert, ohne dass eine einzige Zeile Quellcode geschrieben werden muss. Ob die entsprechenden Rollen dennoch Quellcode schreiben, hängt von den Rahmenbedingungen ab. Die Anpassung eines der zwei mitgelieferten Prozessmodelle - MSF for Agile Software Development und MSF for CMMI (Capability Maturity Model Integration) Process Improvement - im Sinne einer Wertsteigerung wäre eine Möglichkeit dazu.

Fazit

Mit Visual Studio 2005 Team System hat Microsoft ein Produkt auf den ALM-Markt gebracht, das die erste Implementierung des MSF darstellt. Die Team Edition 2005 for Software Architects ist eine Variante, die insbesondere den Zielen der DSI Genüge tut. Nicht nur Architekten, sondern auch Mitarbeiter in Rechenzentren, Entwickler oder Manager können damit vereinfacht verteilte und serviceorientierte Lösungen visuell entwerfen. Durch die Integration mit den restlichen rollenbasierten Versionen und dem Team Foundation Server erlaubt das Werkzeug eine genaue Kontrolle der einzelnen Rollen und damit eine effiziente Softwareentwicklung.
Torsten Weber



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